Mobilität ist ein Grundbedürfnis von uns Menschen,
wir brauchen Mobilität, um die Welt zu erfahren – mit dieser Aussage leitete der von uns eingeladene Hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir seinen Redebeitrag auf unserer Verkehrswende-Veranstaltung am 14. September hier in Reinheim ein und beschrieb dann dieses menschliche Bedürfnis mit seinen vielen Seiten und teilweise gegeneinanderstehenden Interessen.
Wie die Verkehrswende sozialverträglich gestaltet werden kann, war Thema einer Podiumsdiskussion der Reinheimer GRÜNEN. Neben dem hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir waren dazu auch unser Bundestagsdirektkandidat Philip Krämer und sowie die MdLs Torsten Leveringhaus (Landkreis Darmstadt-Dieburg) und Frank Diefenbach (Odenwaldkreis) eingeladen. Das Podium wurde ergänzt durch unsere grüne Fraktionsvorsitzende Dagmar Strobel . Durch die Veranstaltung führte Katalin Saary (Bau-Ingeneurin für Verkehrsplanung).
Der Abend begann mit zwei prägnanten Redebeiträgen. Philip Krämer erklärte, dass er sich im Bundestag unter anderem für den Ausbau des ÖPNV stark machen wird. Aus seiner Sicht muss die Taktung von Bussen, Bahnen und Angeboten wie Carsharing und E-Bikesharing dringend voran gebracht werden.
Tarek Al-Wazir stellte dar, dass wir ausgehend von dem Grundbedürfnis nach Mobilität vielschichtige Lösungsansätze brauchen, um eine gute Lösung für alle zu erreichen. Bei der Verkehrswende gehe es keineswegs um die Abschaffung des „bösen“ Autos, sondern um kluge Angebote, unsere Wege praktikabel, sicher und zunehmend klimaneutral zurücklegen zu können: Schulwege, Arbeitswege, Einkaufswege, Transportwege und auch Spazierwege etc.
Er machte anschaulich deutlich, wie schwer es mitunter ist, diese vielen unterschiedlichen Notwendigkeiten und Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. Vorteile für die Einen sind oft Nachteile für Andere. Intakte Natur und Umwelt sowie die Versorgung mit Waren und individuelle Mobilität müssen berücksichtigt werden. Der Bahnverkehr muss dementsprechend deutlich ausgebaut werden, um den Anteil des Verkehrs auf der Schiene zu erhöhen. Insbesondere gilt das für den Berufsverkehr. Wir müssen also die Anbindung vom Land zur Stadt und die Innenstädte umgestalten und verbessern. Der Güterverkehr auf der Schiene beträgt derzeit nur 19%, der Rest wird per LKW transportiert, was zu einer zunehmenden Belastung der Durchgangsstraßen in den Kommunen führt.
Im Anschluss an die Redeeiträge wurden im Saal Fragen der Veranstaltungsgäste eingesammelt und beantwortet.
Im Folgenden sind einige Fragen herausgegriffen, sinngemäß genannt und beantwortet:
- Frage: Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen? Reicht es nicht, an die Vernunft zu appellieren?
- Antwort: wenn es so einfach wäre müsste §1 der STVO (einer von 53§§) ausreichen, der da lautet: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“
- Frage: Warum werden Radwege nicht durchgängig auch für Rennradfahrer befahrbar gemacht, also asphaltiert?
- Antwort: Die Befestigung von Wegen muss gegen die eigentlich unerwünschte Flächenversiegelung abgewogen werden. Ein weiteres Beispiel für solche Interessenskonflikte ist aktuell der Bau des Radschnellweges zum Flughafen Frankfurt versus Erhalt des Bannwaldes.
- Frage: Wie bekommen wir den LKW-Verkehr aus Reinheims Innenstadt heraus?
- Antwort: Die Anordnung für Tempo 30 innerorts und die Neugestaltung der unteren Darmstädter Straße sollten zunehmend unattraktiv für LKW-Durchgangsverkehr wirken. Die Auswertung der letzten Verkehrszählung ergab bislang keinen Hinweis auf eine kritische Menge der Durchfahrten, der Lärm- oder Luft-Belastung oder der Unfallzahlen. Dabei wurde betont, dass die zugrunde liegenden Bewertungs-Grenzwerte auf Bundesebene überprüft, ggf. angepasst und auch weitere Parameter in die Beurteilung aufgenommen werden müssen. Es ist noch nicht eindeutig klar, wie viel des LKW-Verkehrs in Reinheim tatsächlich Durchgangsverkehr ist. Eine Umfahrung B38-B26-B45 ist abhängig vom Ausbau der B45 und dieser wird bei den umliegenden Gemeinden kritisch gesehen. Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen müssen mehr genutzt werden.
Leider konnten aus Zeitgründen bei Weitem nicht alle eingegangenen Fragen beantwortet oder diskutiert werden. Die Moderatorin versicherte, dass die Veranstalter einen Weg finden werden, Antworten auf die unbeantworteten Fragen nachzureichen.
Insgesamt wurde bei dieser Veranstaltung deutlich, wie groß das Bedürfnis nach direktem Austausch mit den Verantwortlichen aus der Politik ist.
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